Diabetes: Freier Fluss im Bein

Hinter hartnäckigen Fußwunden stecken oft Durchblutungsstörungen. Wie Chirurgen mit Bypass und Ballonkatheter helfen

„Am liebsten ist mir, wenn ich nicht operieren muss“, sagt Professor Gerhard Rümenapf. Manchmal muss er das auch nicht und kann stattdessen mit einer langen, dünnen Sonde dem Blut wieder freie Bahn schaffen.

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Hauptanliegen des Gefäßchirurgen ist, die Füße und Beine seiner Patienten vor der Amputation zu retten. Der Chefarzt der Gefäßchirurgie am Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus Speyer behandelt regelmäßig Diabetiker, die ihm wegen schlecht heilender Fußwunden überwiesen werden.

„Mehr als die Hälfte der Diabetiker mit Fußproblemen hat Durchblutungsstörungen in den Beinen“, so Rümenapf. Verantwortlich dafür sind Kalkablagerungen in den Blutgefäßen als Folge schlechter Blutzucker-, Blutdruck- und Blutfettwerte. Weil durch die verengten Arterien nicht mehr genügend Blut in den Fuß gelangt, haben Verletzungen am Fuß kaum eine Chance, zu heilen.

Und hier kommen die Gefäßchirurgen ins Spiel. „Durch einen gefäßchirurgischen Eingriff, der rechtzeitig erfolgt, lässt sich die Durchblutung verbessern und eine Amputation bei acht von zehn Patienten verhindern“, so Rümenapfs Erfahrung. Das Problem: Oft werden Durchblutungsstörungen erst entdeckt, wenn bereits eine Amputation zur Diskussion steht.

„Das liegt einerseits daran, dass Diabetiker wegen ihrer Nervenschädigung das typische Warnsignal, nämlich Schmerzen, die nach einer bestimmten Gehstrecke einsetzen und sich beim Stehenbleiben bessern, oft nicht spüren“, so Rümenapf. „Zum anderen werden Diabetiker mit Fußproblemen oft erst spät oder gar nicht zu einem Gefäßspezialisten geschickt.“

Gefäßchirurgen haben verschiedene Möglichkeiten, die Durchblutung zu verbessern: Entweder sie legen einen Bypass (engl. „Umleitung“), der das verschlossene Gefäß überbrückt und das Blut zum Fuß transportiert. Oder sie schieben eine Katheter genannte Sonde in das Gefäß, an deren Spitze sich ein Ballon befindet. In der Engstelle wird er mit Flüssigkeit gefüllt und dehnt das Gefäß auf. Beide Verfahren sind seit Jahren auch zur Behandlung verengter Herzkranzgefäße bewährt. In Einzelfällen kann es auch sinnvoll sein, die Kalkablagerungen operativ aus dem Gefäß herauszuschälen.

Die Entscheidung „Bypass oder Ballon“ ist nicht immer einfach. Wenn ein Gefäß langstreckig verengt ist, bleibt meist nur die Bypass-Lösung. Dazu wird dem Patienten eine Vene oder ein Kunststoffschlauch eingepflanzt. So wird die verengte Stelle überbrückt. Gefäßchirurg Rümenapf plädiert jedoch dafür, wann immer möglich eine Katheterbehandlung vorzunehmen.

Der Grund: Bypass-Operationen sind aufwendig und komplikationsträchtiger – auch wenn die Wahrscheinlichkeit für erneute Durchblutungsstörungen geringer ist als nach einer Ballonerweiterung. Nicht selten stellt sich jedoch während eines Katheter-Eingriffs heraus, dass sich eine Engstelle nicht weiten lässt – dann muss eben doch ein Bypass gelegt werden. „Im Idealfall wird die Operation vorab so geplant, dass beide Methoden möglich sind“, sagt Rümenapf.

In jedem Fall, so der Gefäßchirurg, sollten sich Diabetiker in einem Gefäßzentrum behandeln lassen, das sich auf die Therapie des diabetischen Fußes spezialisiert hat. Und noch etwas ist ihm wichtig: Für einen Bypass eignen sich am besten körpereigene Venen, auch Krampfadern. Deshalb sollten Diabetiker Krampfadern nicht vorschnell, etwa aus rein kosmetischen Gründen, entfernen lassen. Rümenapf bringt es auf den Punkt: „Lieber ein Bein, das optisch nicht perfekt ist, als später gar kein Bein!“

So schützen Sie sich: Gefäßverkalkungen sind nicht nur eine Folge erhöhter Blutzuckerwerte. Vor allem hoher Blutdruck, aber auch schlechte Blutfettwerte schädigen die Gefäße und erhöhen das Risiko für Durchblutungsstörungen an vielen Organen. Daher ist es wichtig, Blutdruck-, Blutzucker- und Cholesterinwerte optimal einzustellen.

Oft sind dazu Medikamente nötig. Sinnvoll sind regelmäßige Selbstkontrollen von Blutzucker und Blutdruck. Nikotin ist Gift für die Gefäße, daher sollte man mit dem Rauchen aufhören. Präparate mit Omega-3-Fettsäuren aus der Apotheke können dabei helfen, die Durchblutung zu verbessern.

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